Für den marokkanischen Künstler Yassine Balbzioui ähnelt eine Kunstausstellung einer (Karneval) Parade auf der Straße: der/die KünstlerIn lässt seine Arbeiten vor einem Publikum wie in einer Parade vorbeiziehen. In einer Parade präsentieren sich Karnevalsgruppen oder Schönheitsköniginnen den Zuschauern. Gleichzeitig verstecken Sie jedoch ihr wahres Ich, spielen eine Rolle indem sie Kostüme und/oder Masken tragen und in der Ganzheit ihrer Gruppe verschwinden.
Dies gilt auch für die Figuren in Balbziouis Arbeiten. Ihre Gesichter sind hinter Plastiktüten, Pinselstrichen, den eigenen Händen oder tierisch anmutende Masken versteckt wie beispielsweise in den Werkserien „Hiding“ (2011) oder „The Fish inside me“ (2011). Durch das Nichtvorhandensein eines menschlichen Gesichtes werden Balbziouis Arbeiten zu Spiegeln – der/die BetrachterIn kann kein Gesicht sehen und wird gezwungen, sich auf sich selbst zu besinnen. Balbziouis Arbeiten drücken eine Dialektik von „zeigen“ und „nicht-zeigen“ aus, welche das Publikum auffordert zu entscheiden, wie sie das, was sie sehen interpretieren sollen und gleichzeitig die eigene Selbstpräsentation und Ernsthaftigkeit zu hinterfragen.
Die Maske beziehungsweise das „Verstecken“ repräsentiert die Rolle, die wir alle zu spielen scheinen, die Fassade, welche wir aufgesetzt haben. Ähnlich wie in der Welt des Theaters verweist die „Maske“, die wir aufsetzen, die Verkleidung, die wir tragen, auf unsere Rolle innerhalb von Familie und Gesellschaft. Die Verhüllungen von Balbziouis Figuren erscheinen oft grotesk oder absurd – doch für den Künstler ist Komik ein Weg, sich vom gängigen Körper zu lösen.
Auch wenn viele von Balbziouis Arbeiten diese Aspekte gemeinsam haben, ist es wichtig seine Werkserien unabhängig voneinander wahrzunehmen. Neben der Aufforderung an das Publikum zu erforschen, was sie „verstecken“, verarbeitet Balbzioui ebenso die Eindrücke und Erfahrungen seiner zahlreichen Reisen. Die Serie „Jungle Spirit“ (2011) zum Beispiel entstand in Berlin. Die offenen Flächen der Stadt sowie Füchse, die hin und wieder durch die Straßen streifen, evozierten beim Künstler ein Gefühl von Ursprünglichkeit und Freiheit, welches ihn an sein Heimatland Marokko erinnerte.
Balbzioui ist ein Nomade, der nicht länger als 6 Monate am selben Ort bleiben kann. Nach einer gewissen Zeit langweilen ihn die Dinge und Räume, auf die er trifft. Dennoch ist es wichtig für den Künstler stets mit seiner Umgebung in Kontakt zu bleiben. Balbziouis Biografie ist deshalb durch ein ständiges „Dortsein“ und „Hiersein“ geprägt. Für ihn erschließen sich die Dinge manchmal einfacher aus der Distanz. So hat er beispielsweise das Gefühl Berlin besser zu verstehen, wenn er in Bordeaux ist und umgekehrt.
Die Werkserien, die Yassine Balbzioui in der Ausstellung „PARADE" präsentiert, erzählen nicht unbedingt Geschichten seiner Reisen oder seines Lebens. Vielmehr möchte der Künstler das Publikum dazu bringen, sich in Anbetracht seiner Arbeiten eigene Geschichten auszudenken und eigene Interpretationen zu formulieren. Er präsentiert die Versatzstücke für eine Geschichte, aber er schreibt diese nicht selbst. Beispiele sind die Werkserien „Looking for the Lion“ (2011) und „Lighting“ (2011).
Öffnungszeiten:
Di - Fr: 10 - 18 Uhr
Do: 10 - 02 Uhr
Sa: 10 - 16 Uhr