Engdaget Legesse wurde 1971 in Addis Abeba, der Hauptstadt von Äthiopien, im Stadtteil Zebgna sefer - Dorf der Wächter - geboren. Sein künstlerisches Talent wurde von seiner Mutter entdeckt. Eine äthiopische Tradition sieht vor, dass Kinder zur Zeit des Neujahrsfestes (das in Äthiopien am 11. September gefeiert wird) kleine Bilder malen, um sie ihren Nachbarn oder Bekannten zu schenken. Dafür erhalten sie als Gegengeschenk Geld, um sich davon Materialien für das neue Schuljahr zu kaufen. Engdagets Bilder waren bereits in seiner Kindheit vielversprechend und seine Mutter förderte seine Begabung und brachte ihn mit äthiopischer, aber auch mit europäischer Malerei in Berührung. Sie war es, die ihm das erste Kunstbuch schenkte - ein Bildband über Renoir.
Im Jahr 1988 nahm Engdaget sein Studium an der Kunsthochschule in Addis Abeba – der renommierten Fine Arts School – auf. Mit 16 Jahren war er der jüngste Student der Akademie. Von 1988 bis 1991 erhielt er eine Grundausbildung in der Bildenden Kunst, danach folgte zwei Jahre lang die Spezialisierung auf „Monumentale Malerei“, und im Jahr 1993 schloss er sein Studium „Mit Auszeichnung“ ab.
Engdaget gilt inzwischen als einer der innovativsten und erfolgreichsten äthiopischen Künstler seiner Generation. Dies entfaltet sich zum einen vor dem Hintergrund seines künstlerischen Lebenslaufes und zum anderen aus der Betrachtung einer über viele Jahrhunderte tradierten äthiopischen, christlich geprägten Maltradition.
von Kerstin Volker-Saad